Eigentlich bin ich kein ausgesprochener Anhänger sogenannter „tactical knives“ oder von „tactical“-Produkten im Allgemeinen. Warum? Vielleicht aus Ermüdung gegenüber der Schwemme von Produkten, mit denen diverse Hersteller versuchen, ihre Produkte aufzuhübschen. Oft genug gleitet der Versuch, einen besonderen Nimbus zu schaffen, ins lächerliche ab, wenn man einem x-beliebigen Produkt das Etikett „taktisch/tactical“ draufpappt wie z.B. der tactical Dosenöffner aus reflexfreiem Metall.
Aber manchmal üben manche dieser Messer doch einen gewissen Reiz auf mich aus. So auch das Pohl Force Lima One. Also war klar, dass ich mir das Messer etwas genauer anschaue.
(English Description below.)
Zum Anfang erst einmal die Spezifikationen:
Modell: Lima One – Desert
Design: Dietmar Pohl
Gesamtlänge: 26,5 cm
Klingenlänge: 13 cm
Klingenstärke: 6 mm
Gewicht: 220 g (ohne Scheide)
Klingenstahl: SK-5 Kohlenstoffstahl mit Powder-Coating in Dark Earth Brown
Schliff: Hohlschliff
Scheide/Etui: Höppner & Schumann Crossdraw-Kydexscheide in Dark Earth Brown
Besonderheiten: Glasbrecher aus Wolframkarbid
Erster Eindruck:
Schon das überaus großzügig dimensionierte Postpaket ließ erahnen, was für eine Art Messer mich erwartet und meine Vorahnung wurde nicht enttäuscht! Das Lima One strahlt pure Stabilität und Robustheit aus! Vom Design her bildet das Lima One das feststehende Ganzstahl-Gegenstück (ohne Griffschalen) zu den Alpha-Two-Messern.
Klinge:
Die 13 cm lange Klinge ist – was Geometrie, Anschliff und Klingenstärke angeht – auf Stabilität ausgelegt. Als taktisches Einsatz- oder stabiles Outdoormesser macht das Messer mit seinen 6mm Klingenstärke durchaus Sinn; für den für den zivilen EDC-Einsatz ist die Klinge eindeutig zu massig & massiv und feine Schneidarbeiten sind nicht ihr Ding.
Dafür läßt das Lima Arbeiten, die bei anderen Messern unter „Missbrauch“ fallen würden, also Hacken, Batoning, Hebeln und Einsatz als Brechstange klaglos über sich ergehen.
Dazu trägt sicher auch der verwendete SK-5 Karbonstahl in nicht unerheblichem Maße bei. Laut Cold Steel (siehe F.A.Q.) ist er das japanische Äquivalent zum amerikanischen 1080-Stahl mit einem Kohlenstoffanteil von 0,75-0,85% und 0,60-0,90% Mangan mit sehr guten Eigenschaften was Schnitthaltigkeit und Schärfe betrifft, was ich nach ausgiebigem Einsatz bestätigen kann.
Die Powder-Coating-Klingenbeschichtung in Dark Earth Brown hat sich darüber hinaus – bis auf ein paar obligatorische sowie unvermeidliche Schrammen und Kratzer – als sehr robust erwiesen.
Was die Verwendung des Recurve-Schliffes angeht, so teilen sich hier naturgemäß die Geister. Entweder man mag ihn oder nicht. Fans eines Recurveschliffes kommen hier jedenfalls voll auf ihre Kosten – mir hat er gefallen!
Wer sich hier übrigens über die makellose Schneidfase wundert, dem sei verraten: Nach ausgiebigem Testen hat das Lima einen winkeloptimierten Schliff (30°) von Meister Jürgen Schanz erhalten.
Griff/Handlage:
Der Griff des Messers für meinen Geschmack etwas überdimensioniert – meine Hand wirkt trotz Handschuhgröße 10+ irgendwie zierlich, wenn ich das Messer in der Hand habe. Die Handlage selbst ist trotz des großen Griffes eher bescheiden – man hat halt nur 6mm Flachstahl zum greifen. Auch das Tragen von „taktischen“ Handschuhen verbessert das Griffgefühl nur marginal – eine Paracordwicklung oder gar Griffschalen würden meiner Meinung die Handlage merkbar verbessern.
Allerdings vertragen sich Schalen oder Wicklung dann nicht mehr mit dem Konzept des von Chris Reeve inspirierten Schäkelöffners. Da ich mehr Wert auf eine angenehme und sichere Handlage denn aufs Schäkel öffnen lege, würde mir das Messer mit Wicklung oder Schalen besser gefallen. Dann müßte aber auch noch ein Konzept verändert werden und zwar das der Scheide (s.u.).
Scheide:
Die farblich aufs Messer abgestimmte Kydexscheide hält das Messer zwar sicher, läßt aber die oben angesprochene Paracordwicklung oder die Montierung von Griffschalen nicht zu. Dazu verschwindet das Messer zu tief in der Scheide – schade!
Beim Versorgen des Messers fällt mir zudem öfters der Glasbrecher aus Wolframkarbid auf – und zwar negativ. Ich weiß, dass ein Glasbrecher quasi ein „must“ bei taktischen Messern ist und doch piekt/sticht er beim Versorgen des Messers unangenehm in die Hand.
Auch mit dem an der Scheide befestigte Gürteladapter bin ich nicht ganz warm geworden. Der Adapter ist schwenkbar und soll so variable Tragemöglichkeiten erlauben – für Rechtshänder. Denn ohne ohne passende Inbusschlüssel können z.B. Linkshänder den den Adapter nicht ummontieren. Ohnehin würde mir hier der Einsatz eines (großen) TekLoks besser gefallen, dann könnte ich die Trageweisemöglichkeiten wirklich variabel gestalten und auch das Messer ganz abnehmen – ohne dafür den Gürtel zu öffnen.
Fazit:
Das Pohl Force Lima ist ein tolles und robustes Messer, welchem auch harter Arbeitseinsatz nichts ausmacht. Allerdings bedürften Handlage (Griffwicklung, -schalen) und die Kydexscheide (incl. Gürteladapter) noch der Überarbeitung, damit das Gesamtkonzept stimmig wird.
Zum Schluß ein dickes DANKE an Pitter von messerforum.net und Pohl Force für das Lima!
English Description:
Actually I am no really convinced of „tactical knives“ or „tactical“-products in general. Why? Maybe because of the glut of products which are pimped by the „tactical“-sticker. Often enough it is ridiculous to call something „tactical“, for example the „tactical“ can opener of non reflecting metal.
But sometimes these knives attract me. So did the Lima and it was clear that I have to test it:
Specs:
Modell: Lima One – Desert
Design: Dietmar Pohl
O/A Length: 26,5 cm
Blade Length: 13 cm
Thickness: 6 mm
Gewicht: 220 g (without sheath)
Steel: SK-5 carbon-steel with dark-earth-brown powder-coating
Grind: hollow-grind
Sheath: Höppner & Schumann Crossdraw-Kydexsheath in dark earth brown
features: tungsten glas-breaker
First Impression:
The Lima One radiates pure stability and sturdiness and is designed as the fixed counterpart of the Alpha-Two-Folders.
Blade:
The 13cm long blade ist built to resist and so it is shaped by geometry, thickness and grind. As a tactical- or outdoor-knife the thickness of 6mm makes sense; for urban EDC the blade is obviously too overbuildt and fine cuts are difficult.
On the other hand the Lima takes abuse such as levering, batoning and wild chopping easy. The SK-5 Carbon-steel might be a reason for that. This steel is the japanese pendant to the american 1080 steel, which consists of 0.75-0.85% carbon and 0.60%-0.90% manganese and allows the steel to achieve an ideal balance of very good blade toughness with superior edge holding ability. I can verify that after extensive testing.
The dark earth brown powder-coating of the blade has proved as very sturdy, besides of a few scratches. Obviously fans of a recurve get served. You have to love recurve, to love the knife. I do!
Do not wonder about the marvelous cutting edge: After testing the blade was sharpened by Master Jürgen Schanz.
Handle:
The handle is a little bit too large. Even my big hands (size 10+) seem a little bit tiny. The grip itself is unassuming because you have only 6mm flat steel in your hand. Even tactical gloves improve the handling not really. Some paracord or even scales would enhance grip appreciably.
But paracord-wrapping or scales would not fit with the concept of the Chris Reeve inspired shackle opener. A knife with paracord-wrapping or scales would be more pleasing to me, because I appreciate a good grip more than shackle opening. But for that the sheath has to be modified.
Sheath:
The colour-fitting kydex-sheath holds the knife safe, but does not figure to a mentioned paracord-wrapping or scales. It’s a pitty.
When inserting the knife into the sheath I noticed the tungsten glas breaker in a negative way. I know that a glas breaker is a „must“ of tactical knives, but when inserting it pricks into my hand.
I also would improve the belt adapter, which allows multiple wear options – for right handed persons. Without matching allen-key it impossoble to mount the adapter. Besides of that I would prefer a big tek-lok for really multiple wear options and to unmount the knife without opening my belt.
Conclusion:
A great and sturdy knife for hard working options. But not really useable without modding the handle and the sheath.
Thanks to Pitter from messerforum.net and to Pohl Force for the Lima!